Beginn einer Materialsammlung – Transgenerationales Trauma der Kriegskinder und Kriegsenkel

Aus persönlichem Interesse habe ich begonnen, Materialien zum Thema Kriegskinder und Kriegsenkel zu sammeln. Zunächst im Versuch, besser zu verstehen, welche Auswirkungen die Traumata unserer Eltern auf uns Kriegsenkel haben. -Dabei hat es mich Jahrzehnte gekostet, zuerst einmal zu verstehen, dass bestimmte Herausforderungen in meinem Leben weniger damit zu tun hatten, dass etwas mit mir „nicht in Ordnung“ ist, sondern eher mit den Erlebnissen – und damit der Prägung – der Elterngeneration zu tun haben könnten … Schließlich waren die Eltern (und für sie wiederum ihre Eltern, unsere Großeltern) mit dieser Prägung und ihren tiefen Traumata für uns Nachkommen die Vorbilder, von denen wir in unserer Kindheit Verhaltensweisen unmittelbar abguckten und begannen zu kopieren. Verhalten, das teilweise unter Gefahr für Leib und Leben gelernt wurde und nie wieder ganz verschwand. – Anders als Soldaten heute, die in der Regel nach Kriegseinsätzen psychologische Begleitung für ihre Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS; engl. PTSD) erhalten, mussten die Generationen der Kriegseltern und Kriegskinder größtenteils selbst zusehen, wie sie mit der Verarbeitung ihrer Erlebnisse klarkommen. Auch die damals aus dem 2. Weltkrieg heimkehrenden Soldaten waren auf sich selbst gestellt. Oft kehrten sie als Väter in Familiensysteme zurück, die ihnen entfremdet waren, die sich ohne sie organisiert hatten, mit denen sie ihre schrecklichen Erlebnisse nicht teilen konnten und die selbst, während der Abwesenheit der Männer in ihrem Leben, manchmal Schreckliches erlebt hatten.

Meine Rückverbindung mit dieser Geschichte steht im Kontext der Eigenverantwortung in meinem Leben. Zu sehen, dass andere Menschen mit ähnlichem Hintergrund ähnlich erleben, hilft bei der Einordnung der Herausforderungen, beim Verstehen und schließlich der de-Identifikation von den Ideen und Vorstellungen, die nicht unsere sind, sondern die unserer Eltern und Großeltern, geboren in ihrer Not und ihrem Überlebenskampf. Der Blick auf diese Geschichte hilft auch, ein tiefes Mitgefühl den Eltern und Großeltern gegenüber zu entwickeln und Frieden zu schließen.

Bei den folgenden Links zu Materialien stelle ich – als Entscheidungshilfe für die potenziellen Lesenden – jeweils eine kurze Inhaltsübersicht in meinen eigenen Worten voran, auch wenn sie oben bereits Gesagtes wiederholt.
Diese Materialsammlung wird laufend erweitert. Bei Interesse am Thema lohnt es sich, später noch einmal hineinzulesen.


„Transgenerationale Vererbung – Die Traumata der Kriegsenkel“ (2017) – Nur die Wenigsten aus der Generation unserer Eltern und Großeltern, die Krieg, Flucht und Vertreibung, Fliegeralarme, Bomben, langes Ausharren in Bunkern und Vieles mehr erlebt haben, haben ihre Traumata wirklich verarbeitet, geschweige denn professionelle Hilfe dabei bekommen. Der hier verlinkte Artikel gibt einige der Zusammenhänge wieder, das darin enthaltene kurze Video fasst überblicksartig zusammen, was es für uns Nachfahren bedeutet. – Auch heute gibt es Massentraumata, die ähnliche Auswirkungen zeigen. https://www.swr.de/odysso/transgenerationale-vererbung-von-traumata/-/id=1046894/did=20237846/nid=1046894/extmr9/index.html

„Vererbtes Trauma – Kriegsenkel haben oft das Gefühl, sie würden versagen“ (2017) – Eine Systemische Therapeutin und Coachin berichtet im Interview von den Zusammenhängen. Sie bezieht auch den Aspekt der Erziehung im Naziregime mit in ihre Betrachtung ein. In dem Artikel gibt es Verweise auf weiterführende Literatur zum Thema.
http://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/kriegsenkel-haben-oft-das-gefuehl-sie-wuerden-versagen?ns_source=srf_app%3Fns_source%3Dsrf_app

„Epigenetik: Wenn wir Traumata vererben“ (2019) – Am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München wird dieses Thema untersucht. Der Artikel gibt einen Überblick zu den Fragen: Wie funktioniert Epigenetik? – Wie wird eine „epigenetische Signatur“ an folgende Generationen weitergegeben?
https://www.dw.com/de/epigenetik-wenn-wir-traumata-vererben/a-50547821

„Wenn die Lösung zum Problem wird“ (1987) – Derr österreichische Philosoph und Psychotherapeut Prof. Dr. Paul Watzlawick zeigt am Beispiel des Verhaltens von Ameisen und Menschen wie erlerntes, bewährtes Verhalten zum Problem wird, wenn es nicht mehr zur Situation passt. Wie kommen wir zur Problemlösung, wenn ein Familiensystem immer wieder „ein sehr begrenztes Repertoire von Möglichkeiten durchläuft“ und …“die Lösung nicht mehr im Repertoire dieser Familie“ liegt?
https://youtu.be/i3JJw5QtTJ8?t=408

BUCHTIPPS

Die Heimat der Wölfe: ein Kriegsenkel auf den Spuren seiner Familie. Eine Familienchronik.“, Raymond Unger, Europaverlag, 2016

Dieser Schmerz ist nicht meiner“, Mark Wolynn, Kösel Verlag, 2017

Das bleibt in der Familie: Von Liebe, Loyalität und uralten Lasten“, Sandra Konrad, Piper Books, 2014

(… wird fortgesetzt)

Der Lotuseffekt

Bildausschnitt Lotus 1391 (©Heike Kleffmann)

Der Lotuseffekt ist allseits bekannt, und in der Schreibweise mit Bindestrich sogar markengeschützt. Kurz zur Erinnerung: Es geht um das Abperlen nicht erwünschter Teilchen oder Beläge, wie Regenwasser, Dreck oder Schlamm, von einer Oberfläche. Die Wissenschaft der Bionik beschäftigt sich mit der Übertragung solcher Effekte aus der Natur in die Industrie und Technik. Sie hat den Lotuseffekt nachgebildet und macht ihn sich zunutze, beispielsweise in Farben und Beschichtungen, die dafür sorgen, dass Fenster, Autos, Hausfassaden und so weiter sauber bleiben oder das Wasser von unserer Windschutzscheibe abperlt.

Eine andere Perspektive auf den Lotuseffekt ist diese: Die Pflanze wurzelt im Schlamm (iiih!) und bringt die bezauberndsten Blüten hervor (oooh!). – Das, was uns ein bisschen anekelt, der Schlamm, – das, was wir in unserem Leben nicht haben wollen, was wir schnell und verschämt abwischen, wenn es uns mal an den Schuhen hängen bleibt, – gerade das nährt die Pflanze und gibt ihr letzten Endes die Kraft, die schönsten Blüten zu produzieren.

Ein Wachstum aus dem Schlamm heraus – hin zur Schönheit und strahlenden Klarheit!

Dieser Aspekt des Lotus gefällt mir sehr gut. Er ist, wie ich finde, auch im Coaching oder in der Persönlichkeitsentwicklung eine wirklich schöne Analogie. Unser „Schlamm“ (Hindernisse, Schwierigkeiten, körperliche oder seelische Verletzungen) kann demnach der ideale Nährboden für die Entwicklung und Reifung unserer „vollen Blüte“ werden.

In der Psychologie geht die Technik des „Reframing“ aus der Systemischen Familientherapie ein wenig in die Richtung dieser Art von Lotuseffekt. Die Idee ist dort, einer Situation durch „Umdeutung“ einen anderen Rahmen zu geben. – In einem anderen Kontext hat ein Geschehen plötzlich eine ganz andere Bedeutung. „Dreck“ wird beispielsweise zu „Nahrung“ oder „Grundlage von Kraft und Schönheit“. Und wenn wir genau hinsehen, geschieht dabei noch mehr, als das schlichte Einfassen in einen neuen Rahmen. Es geschieht eine Transformation, eine Wandlung. – Früherer Dreck ist heutige Ressource, Kraft und Schönheit. Diese Transformation ist mein inneres Bild vom Lotuseffekt.

Betrachten wir schwierige Dinge in unserem Leben (auch) durch diese Brille hindurch, verlieren sie vielleicht ihren Schrecken und können sogar vom Hindernis und Ballast zum inneren Reichtum werden! – Versuchen Sie es einmal!

Gerne begleite ich Sie auf diesem Weg.

(Disclaimer: Dieser Artikel kann psychisch gesunden Menschen Anregung zur Selbsthilfe geben. Psychische Störungen, Persönlichkeitsstörungen, Psychosen gehören in fachärztliche Hände!)

Systemisches Aufstellen – Nachgeschlagen

Hier gibt es wie versprochen einige Texte und Quellen, die mir außerhalb meiner Ausbildung rund um das Thema Systemisches Aufstellen begegnet sind.

Heidelberger Forschungsprojekt Systemaufstellungen (2013)

Kurze Zusammenfassung der ersten Ergebnisse der ‚Heidelberger Studie‘ von Dr. Jan Weinhold: Forschungsprojekt Systemaufstellungen.

Im folgenden Video spricht Jan Weinhold über das Buch „Dreierlei Wirksamkeit. Die Heidelberger Studie zu Systemaufstellungen“, er berichtet im Video auch über Zusammenhänge der Systemaufstellungen und über die Ergebnisse der Studie.

[YouTube Video] Jan Weinhold über das Buch „Dreierlei Wirksamkeit. Die Heidelberger Studie zu Systemaufstellungen“.

Prof. Dr. Heiko Kleve, Universität Witten/Herdecke

Die Methode des systemischen Aufstellens wird auch im universitären Kontext eingesetzt, hier meist in der Management- und Organisationsforschung. Prof. Dr. Kleve arbeitet seit 20 Jahren mit Systemischen Aufstellungen, in der Beratung, im Coaching, sowie in der Organisationsberatung und im Hochschulkontext.
Im Vortragdsvideo unten gibt es eingangs eine schöne Erklärung: Was ist Systemisches Aufstellen?

[YouTube Video] Vortrag Prof. Kleve, 5.2.2020, am Wittener Institut für Familienunternehmen, WIFU

Systemaufstellungs-Projekte der Uni Bremen
https://www.uni-bremen.de/nm/systemaufstellung/fol-a-lab


Zur Theorie morphogenetisches Feld vs. Quantenphysik und andere Theorien

Thomas Gehlert. (2020). „System-Aufstellungen und ihre naturwissenschaftliche Begründung, Systemaufstellungen in Wissenschaft und Praxis“. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-29167-9_5